Vor- und Frühgeschichte
Die Altsteinzeit
Gewissermaßen als Eckpfeiler und Begrenzung des uralten Durchgangsweges im Alpenvorland war der Dunkelsteinerwald stets im wahrsten Sinne des Wortes von "randlicher", aber strategisch und verkehrstechnisch wichtiger Bedeutung. Als Rückzugs- und Sicherungsgebiet geht daher die Siedlungstätigkeit auf sehr frühe Zeiten zurück. Aus der Altsteinzeit - bis etwa in das 6. vorchristliche Jahrtausend - sind zwar keine reichlichen, jedoch - abgesehen von den großartigen Funden in der unmittelbaren Nachbarschaft in der Wachau - einige wenige Funde vorhanden, die auf eine Besiedlung schließen lassen: etwa in Statzendorf, Meidling oder Steinaweg bei Göttweig. Viel besser ist die Jungsteinzeit - bis etwa in das 3. vorchristliche Jahrtausend - zu fassen. Vor allem gegen Ende des Neolithikums wird die Funddichte teils so stark, dass hier auf zahlreiche Siedlungsstellen, oft in befestigter Höhenlage, geschlossen werden kann. Zu nennen sind Fundorte in Sitzenthal, Haunoldstein, Obritzberg, Bergern, in Rossatz, Gansbach, Kicking und Gerolding.
Die Römer
Eine wesentliche verkehrstechnische Bedeutung erlangte der Dunkelsteinerwald in der Römerzeit (bis Ende des 5. nachchristlichen Jahrhunderts). Die Donau war die Nordgrenze des römischen Reiches geworden, die mit dem Donaulimes eine besondere Befestigung erfuhr. In der Wachau konnte jedoch wegen der teils gewaltigen Steilwände keine Militärstraße angelegt werden. Man versorgte die Wachposten an den wenigen freien Anlandungsstellen in Aggsbach-Dorf, Bacharnsdorf und bei Rossatzbach mit Zubringern aus dem Dunkelsteinerwald. Die Etappenstraßen von Mautern nach Melk quer durch den Dunkelsteinerwald und an dessen Außenrand hatten Zweigstraßen durch den Mitterbachgraben, das Kupfertal und den Windsteiggraben zur Donau hin. Römische Gleisstraßen sind noch im Kupfertal und bei Bergern zu verfolgen. Das wohl schönste Relikt aus dieser Zeit ist die Römerbrücke bei Lanzing. Da und dort sind noch römische Grab- und Altarsteine aus dem Marmorsteinbruch von Häusling vorhanden, beispielsweise an der Kirche in Mauer oder in Karlstetten.
Besiedlung im frühen Mittelalter
Im frühen Mittelalter kam es zunächst zur Polarisierung zweier Volksgruppen, den Bayern und den unter der Oberhoheit der Awaren zugewanderten Slawen. Aus ortsnamenkundlichen Forschung ist uns dieses Nebeneinandersiedeln bekannt: Namen wie Pielach, Sierning, Fladnitz, Kremnitz oder Ortsnamen wie Palt, Höbenbach, Wölbling, Grünz, Gansbach werden von slawischen Bezeichnungen abgeleitet. Die bayerische Besiedlung erfolgte von außen nach innen, gekennzeichnet durch Ortsnamen mit -ing, wie Afing, Greilling, Heitzing. Im 8. Jahrhundert beginnen bereits schriftliche Quellen das Gebiet des Dunkelsteinerwaldes zu "erhellen". 777 übergab Herzog Tassilo seiner Stiftung Kremsmünster die Familie eines hörigen Slawen im Grunzwitigau, der am Ostrand des Dunkelsteinerwaldes im Bereich des oberen und mittleren Fladnitzbaches lag. Der Ortsname Grünz ist eine direkte Herleitung von Grunzwiti.
Nach dem Sieg über die Awaren verstärkte sich die bayerisch-fränkische Besiedlung, die wiederum in den Ortsnamen Karlstetten und Gerolding, vermutlich von Grenzgrafengeschlechtern übernommen, dokumentiert ist. Eine bekannte Festung am Kirchenhügel von Obritzberg oder die Kirchenfestung von Oberwölbling sowie die Bezeichnung Wachtberg zwischen Karlstetten und Obritzberg sind deutliche Hinweise auf die Grenzfunktion dieses Raumes. Der Dunkelsteinerwald ist in seiner strategischen Bedeutung von den karolingischen Grenzgrafen offenbar ebenso genutzt worden wie von den Römern. Schenkungen an Bistümer und Klöster sicherten die Missionierung und Kultivierung dieses Raums. Vom Kloster Kremsmünster im Grunzwitigau haben wir schon gehört, Oberwölbling kam in den Besitz des Salzburger Domkapitels, Unterwölbling in die Hand des Salzburger Frauenstiftes Nonnberg. Aus der Wachau reichten die Besitzungen des Bistums Passau in Schönbühel, die des Klosters Niederaltaich in Aggsbach, des Salzburger Bischofs in den Arnsdörfern, der Besitz des Klosters Metten in Rossatz bis in den Dunkelsteinerwald herein. Man erfährt von Kulturarbeit der Salzburger Untertanen im Gebiet um Maria Langegg. Nach der furchtbaren Niederlage des deutschen Heeres bei Preßburg im Jahre 907 fiel das Land an die Ungarn, die jedoch die alten Strukturen aufrecht erhielten. Die ungarische Oberhoheit dauerte aber nur wenige Jahrzehnte. Nach der Schlacht am Lechfeld (955) lebten die alten Besitzverhältnisse wieder auf und das Kolonisationswerk wurde fortgesetzt. Auch die Rodungsheiligen wurden in den Dunkelsteinerwald "bemüht": Der hl. Zeno hat sich in Hafnerbach auf einem Stein verewigt, ebenso wie der hl. Wolfgang als "Spatzenschreck" im Wolfsteingraben.
Ausbau der Herrschaftsstruktur im Hochmittelalter
Im Hochmittelalter wurde das Gebiet als Grenzgebiet abgesichert. Kleinere und größere Erdwerke und Festungsanlagen, später zu Burgen ausgebaut, wurden gegen die Feinde im Osten ausgerichtet und zu Herrschaftszentren umfunktioniert. Große Herren errichteten für ihre Untertanen Fluchtburgen und besetzten sie mit ursprünglich Unfreien zur Burghut. Diese Waffenträger wurden zu Freien, zu Rittern. Im Dunkelsteinerwald entstanden in den großen weltlichen Einflussbereichen Grundherrschaften mit ihren größeren und kleineren Burgzentren. Die Peilsteiner, die Stein, die Formbacher, die Kuenringer hatten ihre Ländereien geschenkt oder verliehen bekommen und sicherten diese mit ihrer Gefolgschaft. Am Eingang der Wachau entstand die Feste Schönbühel. Der Aggswald im Westen des Dunkelsteinerwaldes war bayerischer Lehensbesitz und als solcher über verschiedene Erbgänge an die Kuenringer gekommen. In ihrem Bereich entstanden die Aggstein, die Wolfstein, eine kleine Feste in Häusling, die nur mehr als Ruinen erhalten oder völlig verschwunden sind. Im Süden des Dunkelsteinerwaldes sicherten "feste Häuser", wie die Osterburg, die Hohenegg, die Goldegg oder die Feste in Karlstetten die Flanke des Hauptverkehrsweges durch das Alpenvorland. Am Ostrand des Waldes entstanden Herrschaftszentren auf den Burgen Doppel und Hausenbach bei Karlstetten, in Landersdorf bei Oberwölbling. Spätere Schlossbauten wie beispielsweise in Mitterau, Pielachhaag, am Gurhof und Grabenhof bei Gansbach, gehen teils auf frühere kleine Herrschaftsmittelpunkte zurück. Die geistlichen Grundherrschaften bauten Verwaltungszentren für ihre Besitzungen im Dunkelsteinerwald im nahen Umfeld, in der Wachau und an der unteren Traisen, auf.
Die ursprünglich geschlossenen Grundherrschaften um eine Feste wurden im Laufe der Jahrhunderte aufgelöst und zerfielen in Streuherrschaften, deren Untertanen in Ämtern zusammengefasst und von Meiern, Amtleuten oder Richtern verwaltet wurden. Untertanen, d.h. ihre Abgaben, waren zu Kauf-, Tausch-, Vererbungs- oder Mitgiftobjekten geworden, so dass viele Herrschaften, die außerhalb des Dunkelsteinerwaldes lagen, hier Grundbesitz erwarben. Diese grundherrschaftlichen Verhältnisse sollten bis 1848, bis zur Abschaffung jeglicher Abhängigkeiten und der Durchführung der Grundentlastung, dauern.
Die Kirche, vor allem das Bistum Passau, überzog unter Mithilfe der großen Adeligen die Region mit einem Netz von zunächst großflächigen Pfarren, das später durch Gründung von Filialkirchen immer enger gezogen wurde. Die geistlichen Grundherrschaften waren natürlich vordringlich am Ausbau der seelsorglichen Betreuung beteiligt. Das 1083 gegründete Kloster Göttweig schob durch Dotationen und Schenkungen seinen seelsorglichen Einfluss bis an den Westrand des Dunkelsteinerwaldes vor.
In die neue Zeit
Der zentrale Dunkelsteinerwald war stets ein Rückzugsgebiet. Die Entwicklung ging immer von außen, dem Durchzugsraum im Süden und Osten sowie von der Donau im Westen und Norden nach innen. Die Landwirtschaft dominiert seit es hier Siedlungen gab. Für diese entwickelte sich in den Marktorten das Dienstleistungsgewerbe, vom Händler, dem Schmied und dem Tischler bis zum Fassbinder, Wagner und Seiler. Von den Ressourcen, den natürlichen Rohstoffen, wurden sehr früh, schon in der Römerzeit, das Gestein in kleineren und größeren Marmorsteinbrüchen genutzt. Dazu kam natürlich der allgegenwärtigen Rohstoff Holz: Die Köhlerei, die Holzschuh- und Schindelmacher, die Besenbinder und Korbflechter entwickelten sich als bodenständige Gewerbe, letztere oft nur in den langen Wintern als Hausgewerbe ausgeübt. Ein wunderschönes Relikt aus der Zeit der handwerklichen Kleinbetriebe ist die wieder hergestellte Hammerschmiede in Aggsbach-Dorf.
Im 18. Jahrhundert erkannte man die Bedeutung des Holzes, vor allem als Massenprodukt zu Heizzwecken. Der Wald wurde nun forstwirtschaftlich betreut und genutzt. In den Nebentälern zur Donau gab es sogar kleinere Holzschwemmen. Die Scheiter wurden auf dem Wasserwege in die Stadtzentren nach Wien und bis Budapest oder auf dem Landwege in die umliegenden Städte und Märkte, wie beispielsweise nach St. Pölten transportiert. Der größte Teil der Waldungen ist jedoch in der Hand einiger weniger Großgrundbesitzer geblieben. Die Bauernhöfe waren meist nicht übermäßig bestiftet. Mit Ausnahme der Weinhauer und Bauern am Außenrand des Waldes lebten hier meist Kleinbauern, Häusler und Keuschler so schlecht und recht vom Boden und vom Taglohn. Mit der Revolution im Jahre 1848 änderte sich die Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur völlig. Mit der Aufhebung der grundherrschaftlichen Bindungen, mit den verkehrsmäßigen Erschließungen, mit den neuen Verkehrsmitteln, den neuen Energierohstoffe, mit der industriellen Produktion entstand auch ein neues Wirtschaftsdenken. Man ging weg von der Eigenversorgung und über zur marktwirtschaftlichen Denkweise. Die Rohstoffsuche für die Industrie wurde auch im Dunkelsteinerwald fündig. Mehrere Graphitabbaue und die Braunkohle aus dem Wölblinger Becken bestanden bis in die Zwischenkriegszeit. Die Sande des Molassemeeres am östlichen Rand werden teils bis heute abgebaut. Die im Umland entstandenen Industriebetriebe zogen die Bevölkerung dorthin ab. Die Landflucht führte aber nicht zur Entvölkerung der Region, dazu war hier die Geburtenrate zu hoch, jedoch zu einer merkbaren Bevölkerungsabnahme.
Eine wesentliche Zäsur war das Ende des 2. Weltkriegs. Die Ostabdachung des Dunkelsteinerwaldes war in den letzten Tagen des Krieges eine heiß umkämpfte Front geworden. Deutsche wie russische Truppen bezeichneten von diesem Schauplatz erbitterter Kämpfe den Höhenzug als "Festung". Nicht einmal in den Türkenkriegen, auf die noch da und dort Flurdenkmäler verweisen, wie das Türkentor im Kupfertal oder die Türkenschanze bei der Bildföhrenkapelle bei Heitzing, forderten einen derartigen Blutzoll und so viel Zerstörung wie die letzten Tage vor dem Waffenstillstand vom 8. Mai 1945.
Aus der Gegenwart in die Zukunft
Zwei Faktoren werden im Wesentlichen die Zukunft prägen: Das in St. Pölten auf- und ausgebaute Zentrum Niederösterreichs und die wirtschaftliche Umorientierung im Zuge des Übergangs zur Informationsgesellschaft. Dazu nur einige Stichworte wie Qualität bei der landwirtschaftlichen Produktion und Selbstvermarktung; statt Auspendeln Errichtung von kleinen und mittleren Dienstleistungsbetrieben oder von Unternehmen zur Herstellung "intelligenter" Produkte ohne besonderen Standortanforderungen; Naherholung und Lebensqualität mit Wohnkomfort und die daraus resultierende "Stadtflucht". Die Möglichkeiten und Chancen erfordern jedoch auch Planung und Disziplin sowie die Zusammenarbeit zum Gemeinnutz in der Region Dunkelsteinerwald.